Denk mal! Im März 2013...

Liebe Gemeinde,
wie gestalten Sie in diesem Jahr die Passionszeit, die sieben Wochen vor dem Osterfest?
Wie begegnen Sie der Geschichte von Leiden und Tod Jesu?
Vielleicht erleben Sie sich als einfühlend, betroffen mitleidend, angerührt oder eher distanziert, getrennt vom garstigen Graben der Geschichte.

„Was kümmert mich das fremde Leiden, es liegt doch schon so lang zurück?", sagte mir neulich eine Frau.
Erscheinen Ihnen Passionslieder veraltet und Andachten, die die biblischen Geschichten von Jesu letzten Tagen bedenken, einfach nicht mehr zeitgemäß?
„Zu Viel Blut und Leiden", mögen Sie denken.
Und auch ein Bild des Gekreuzigten, wie es Mathis Grünewald auf dem Isenheimer Altar in berührender Tiefe gemalt hat, geht zu sehr unter die Haut.
„Das ist ja gar nicht zumutbar", höre ich den älteren Herrn neben mir noch murmeln.
Ja, gibt es denn keine angenehmere Form des Gedenkens, vielleicht so etwas wie Passionsandachten „light"?
„Naja, Sie wissen schon, ein bisschen Verrat, ein wenig Sex und Crime, das darf schon sein. Aber diese süßliche Leidensmystik der Gesangbuchdichter, nein, das ist nichts für mich." Und das Ende: so brutal, so verzweifelt, so ergeben. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Nein, Helden müssen offensichtlich in dieser Welt anders aussehen. Sie sind aus anderem Holz geschnitzt.
Natürlich, so gesehen wird mir der innere Widerstand, dem ich begegne, verständlich und ich nehme mir vor, die ablehnende Haltung nicht persönlich zu nehmen.
Bei aller Ernüchterung, die solche Gesprächsbrocken in mir zurücklassen, wird mir doch klar: Die Geschichte des Mannes aus Nazareth lässt die Menschen nicht teilnahmslos, keinen von uns. Im Gegenteil, sie polarisiert in der einen wie in der anderen Richtung.
Das ermutigt mich, denn dazu kommt noch: Wer sich herausgefordert fühlt, der lässt sich vielleicht auch in seinem Inneren berühren. Da mag ich die (missionarische) Hoffnung nicht aufgeben, schließlich bin ich ja Pfarrerin.
Und das Kirchenjahr gibt uns die Gelegenheit, es lädt uns geradezu dazu ein, uns intensiv mit einer bestimmten Phase des Lebens Jesu auseinanderzusetzen.
Dabei erfahren wir, dass die Phasen untrennbar miteinander verwoben sind: Ohne die dunkle Trauer der Passionszeit und des Kreuzestodes kein strahlender Ostermorgen und ohne Ostern kein echtes Verständnis von Leiden und Kreuz Jesu.
Jetzt möchte ich es genauer wissen. Sie auch?
Was schreibt Lukas da? „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn." (Lk.18,31)
Sehen und gehen, sich aufmachen, um nah heranzukommen ans Geschehen.
Das klingt ermunternd. Eine Einladung für alle, die sich angesprochen fühlen.
Das ist gut. Denn so kommen wir in Bewegung. Wir, mit unseren Vorurteilen und die wir meinen, schon etwas verstanden zu haben.
Und so können wir uns auf den Weg machen, suchend und neugierig, Neues zu erfahren aus den Texten der alten Bibel.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Passionszeit.
Ihre Gemeindepfarrerin Dr. Yvonne Brunk

P.S. Wir halten in diesem Jahr Passionsandachten in der traditionellen Weise.
Lassen Sie sich herausfordern und machen Sie sich gemeinsam mit uns auf den Weg. Diese Passionszeit wird Sie verändern!