Denk mal! Im März 2023...

„Wer will uns scheiden von der Liebe Christi?“(Röm.8,35)

Liebe Gemeinde,

jetzt haben wir schon seit über einem Jahr Krieg in Europa und ein Ende ist nicht absehbar. Unsagbares Leid tun Menschen anderen Menschen an, sich gegenseitig zu Feinden erklärend, hilflos im Strudel der Gewalt und Aggression. Die Saat des Hasses ist auf Generationen gesät und sie verseucht die Seelen der Menschen, wie die Bomben und Tretminen den Boden und das Wasser auf Jahrzehnte verseuchen. Wo ist ein Ausweg aus dieser destruktiven Spirale? Wann endlich finden die Politiker einen Ausweg? Die Gewalt muss ein Ende haben, denn jeder Tote ist ein Toter zu viel. Achtet das Leben nicht gering!

Leider, liebe Gemeinde, ist es global betrachtet ja noch viel schlimmer, denn wenn wir ehrlich sind, ist der Krieg in der Ukraine nur ein Kriegs-Krisenherd unter vielen anderen, die überall auf der Welt toben. Manche Menschen kämpfen um das, was sie für ihr Recht und ihre Wahrheit halten, andere um Besitz und Macht. In manchen Situationen ist es eindeutig zu benennen, wer aktiv Schuld auf sich geladen hat. Doch je länger ein Krieg herrscht, umso mehr Verstrickungen in Schuld finden nach und nach auf beiden Seiten statt. Schwarz und Weiß bringen fürchterliche Farben von Grau hervor. Blut fließt, Sachzwänge und Handlungsnotwendigkeiten ziehen immer mehr in den Strudel der Gewalt. Das Böse drängt sich bis in die Träume der Kinder. Ist da irgendwo noch Hoffnung? Kann es zu Deeskalation und am Ende zu Versöhnung kommen?

Wir wissen, dass Versöhnung und ein Miteinander nötig sind zum Weiterleben auf dieser Erde. Wir Menschenkinder haben ja nur diese eine Erde. Gerade das führt uns die Klimakrise beständig vor Augen.

Ach Gott, möchte ich sagen, kannst Du es nicht einfach richten? Kannst Du nicht machtvoll vom Himmel herabkommen und deine Schöpfung geraderücken? Kannst Du nicht den bösen Menschen den Kopf zurechtsetzen, dass sie einen anderen Weg einschlagen? Kannst Du, Gott, nicht das Leben retten, wo wir versagen?

Und je länger ich darüber nachdenke, wie schön und entlastend es wäre, wenn Gott das zum Guten ändern würde, wozu wir Menschen mit all unserer Klugheit nicht im Stande sind, desto näher fühle ich mich den Betern im Alten Testament. Der Psalter, der auch das Gebetbuch der Bibel genannt wird, enthält viele Klagepsalmen und auch Bittpsalmen, die Gott genau dazu auffordern. Und die Beter haben vor tausenden von Jahren mit Inbrunst um Veränderung ihrer misslichen und oftmals lebensgefährlichen Lage gebeten.

„Du bist ein Gott, der mich sieht“(Gen.16,13), heißt es in der Jahreslosung für 2023. Und ich vertraue darauf, dass Gott genau hinsieht auf das Treiben in der Welt und auf das Leben und Leiden jedes einzelnen Menschenkindes. Gott sieht. Und was er sieht, das bewegt ihn gewiss. Unsere Verantwortung aber nimmt er uns nicht ab. Wir sind nicht seine Marionetten, sondern wir Menschen sind mit einem freien Willen ausgestattet. Und wir Menschen gestalten das Leben mit lebensbejahender Kreativität, aber eben auch zuweilen mit einem fatalen Hang zum Bösen. Beides gehört nach christlich-jüdischem Menschenbild seit Schöpfungsbeginn untrennbar zu unserem Menschsein dazu. Wichtig ist es, sich aktiv für das Gute zu entscheiden. Dabei hilft es, Gottes Gebote als Lebensrichtschnur anzuerkennen und zu beherzigen. Und das Leben, das doch ein Geschenk Gottes ist, niemals gering zu achten.

Die Bedrängnis war schwer, als der Apostel Paulus an die noch junge Gemeinde in Rom schreibt: „Wer will uns scheiden von der Liebe Christi?“ (…) Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ (Röm.8,35ff) Paulus findet hier kraftvolle Worte voller Vertrauen, mit denen er seinen Glauben teilt. Und es ist wohl so: In aller Ratlosigkeit und Not bleibt der Glaube an den auferstandenen Christus ein Trost zum Leben für alle, die an ihm festhalten.

Frohe Ostern wünscht Ihnen

Ihre Pfarrerin Dr. Yvonne Brunk