Text Andacht                     

 Andacht zum 1. Sonntag nach Ostern am 19.4.2020
„Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Jesus Christus.“ (Gal.3,26)

Liebe Gemeinde,

die politisch Verantwortlichen haben entschieden; die Untersuchungen zur Bedrohung durch das Coronavirus machen eine moderate und vorsichtige Lockerung der bisherigen Regelungen möglich. Und ich bin dankbar für das bedachte Tempo, mit dem diese Lockerungen vollzogen werden können.
Es ist nicht leicht, in der Krise Verantwortung zu übernehmen, denn Kritiker und Menschen, die schon immer alles besser wussten, gibt es allenthalben. Und das nicht nur in Deutschland.
Allerdings ist an eine Normalität, wie sie uns bis Februar selbstverständlich war, noch lange nicht zu denken. Also weiterhin auf die Jagd nach Klopapier und Hefe gehen?
In so mancher Schlange verschärft sich der Ton, Ungeduld und Überforderung brechen sich verbal Raum. Es fällt nicht allen leicht, sich um des Gemeinwohles willen zurückzunehmen. Aber gerade das ist wohl das Gebot der Stunde, das weiterhin Bestand hat. Und ich frage mich, ob wir in einer Gesellschaft, die sich ständig stärker individualisiert und selbstoptimiert, den Gedanken an das Wohl der Allgemeinheit – zu der auch mein Nächster gehört – aus dem Blick verloren haben. Mal ehrlich: In Krisenzeiten wie der unsrigen wird es besonders deutlich, wes Geistes Kind einer ist. Und ob Worte wie Barmherzigkeit und Nächstenliebe, Geduld und Solidarität und Gemeinschaftsgerechtigkeit mit tiefem Sinn gefüllt sind oder nur zu einer liebgewonnenen Sprechhülse geworden sind; Worte mit Verfallsdatum eben.
Der Apostel Paulus weist die Gemeinden in Galatien auf die große Lebenswende hin, die den Gläubigen mit ihrer Hinwendung zu Jesus, dem Christus Gottes, widerfahren ist.
„Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder“, so lesen wir in Gal.3,26. Und als evangelische Christin, als evangelischer Christ, werden natürlich sofort Assoziationen an die Botschaft unseres Reformators Martin Luther geweckt.
Allein aus Glauben, „sola fide“, wie es im Lateinischen heißt, war eine der wichtigsten Erkenntnisse Luthers. Allein aus Glauben seid ihr gerettet, nicht durch noch so fromm gemeinte Werke. Christus ist es, der euch selig macht und niemand sonst. Und das hieß bei Luther: kein Papst, keine kirchliche Lehre, kein Ablaß… „Allein durch den Glauben“, das war sein Credo, das er nicht müde wurde zu lehren.

Heute möchte ich mich gern an seiner Entdeckung festmachen und Sie ermutigen genau auf Ihren Glauben zu schauen und zu spüren, welches Vertrauen Sie erfüllt.
Ja, es gibt nichts, was wir tun könnten, um uns Gott genehm zu machen; wohl aber tut er alles für uns. In Jesus hat er sich selbst hingegeben, um uns die Steine des Lebens aus dem Weg zu rollen, die Hindernisse zu einem gelingenden Leben zu verbannen.
Und uns zu seinen Kindern zu machen.
In der Taufe ist das ein für alle Mal  geschehen und geschieht doch auch täglich aufs Neue; Gott nimmt uns als seine Kinder an. Er befreit uns von Sünde und zeigt uns den Weg auf, dass wir immer wieder zu ihm zurückkehren dürfen.
Was auch in einem Menschenleben geschieht, wohin wir uns auch verirren. Keine Situation ist so abseitig als dass Gottes Ruf nicht ergehen würde: Komm zu mir! Kehr zu mir zurück! Du bist ja doch mein geliebtes Kind.

Wenn Ihnen auch vielleicht in diesen Tagen so manches Mal das Herz schwer wird und Sie sich einsam oder mutlos fühlen; Gott ruft auch Sie. Er ist für Sie da.
Auch Sie sind im Glauben an Jesus Christus zu einem Kind Gottes geworden.
Diese Zusage lässt das Leben in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Wer ein Kind Gottes ist, der darf auch innerlich befreit leben, selbst wenn die äußeren Umstände einen drücken.
Und ich bin mir ganz sicher: Es werden auch wieder Tage kommen, in denen Sie fröhlich ihren Glauben leben dürfen. Sei es im Gottesdienst oder beim Gebet, beim Singen oder Pilgern, bei Besuchen oder in Gesprächen: auf jeden Fall  in der Gemeinschaft der Kinder Gottes.
Halten Sie durch, denn Gottes Wort hält Sie!

Gott segne und behüte Sie und Ihre Lieben. Er schenke Ihnen Geduld und Kraft, die schwierigen Zeiten zu bestehen und stärke Ihren Glauben.

Herzlichst

Ihre Pfarrerin Dr. Yvonne Brunk